Selbstreguliertes Lernen

Selbstreguliertes Lernen ist ein aktiver, konstruktiver Prozess, bei dem sich Lernende Ziele für ihr Lernen setzen und basierend auf diesen Zielen und kontextuellen Merkmalen ihrer Umwelt ihre Kognitionen, ihre Motivation und ihr Verhalten überwachen, regulieren und kontrollieren (Pintrich, 2000). Selbstreguliertes Lernen bildet eine wesentliche Grundlage für lebenslanges Lernen, welches eine zentrale Kompetenz in unserer sich rasch verändernden Gesellschaft darstellt (Zeidner & Stoeger, 2019).
Selbstregulation beschreibt die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Emotionen und Handlungen auf ein Ziel ausgerichtet steuern zu können (Landmann et al., 2015). Diese Fähigkeit ist in allen Lebensbereichen von Bedeutung und insbesondere unerlässlich für schulisches Lernen, denn ihr kommt als fächerübergreifendende Kompetenz eine zentrale Rolle beim Wissenserwerb zum lebenslangen Lernen zu (Artelt, Demmrich & Baumert, 2001).

Selbstreguliertes Lernen lässt sich in eine Abfolge von Phasen einteilen (siehe Zeidner & Stoeger, 2019). Vor Beginn einer Lernepisode analysieren Lernende ihre eigenen Stärken und Schwächen bezogen auf die zu bearbeitende Aufgabe und vergleichen deren Anforderungen mit ihren vorhandenen Kompetenzen und ihrem Wissensstand. Basierend auf dieser Einschätzung setzen sie sich Lernziele, planen ihren Lernprozess und wählen Lernstrategien zur Erreichung der Ziele aus. Während der Lernepisode überwachen sie systematisch ihr Lernen und dessen Effektivität. Stellen Lernende dabei Probleme fest, so regulieren sie ihr Lernen – beispielsweise indem sie ihr Vorgehen anpassen, wenn sie bemerken, dass sie die gewählte Strategie nicht geeignet anwenden oder dass sie diese Strategie dem Ziel nicht näherbringt. Nach Abschluss der Lernepisode vergleichen sie ihre Lernergebnisse mit den gesetzten Zielen und reflektieren, welche Anpassungen sie in zukünftigen Lernepisoden vornehmen wollen.

Selbstregulierte Lernprozesse werden begünstigt, wenn Lernende die jeweilige Aufgabe als interessant, persönlich relevant oder nützlich erleben sowie bestrebt sind, die eigenen Kompetenzen zu erweitern. Selbstregulierte Lernprozesse wirken sich positiv auf die Motivation von Lernenden aus. So erleben sie zum Beispiel im Vergleich zu weniger selbstreguliert Lernenden nach Abschluss einer Lernepisode mehr Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit mit dem persönlichen Lernfortschritt und bemühen sich dadurch in darauffolgenden Lernepisoden noch stärker darum, ihre Leistungen zu verbessern (Zimmerman, 2002). Dies ist ein Grund, warum selbstreguliertes Lernen mit guten Schulleistungen einhergeht (Dent & Koenka, 2016).

Strategien selbstregulierten Lernens

In offenen Lernszenarien können Schülerinnen und Schüler mittels ihrer Kompetenz zum selbstregulierten Lernen mit der fehlenden Fremdregulierung durch Lehrpersonen umgehen. In diesem Kontext bilden Lernstrategien den Kern des selbstregulierten Lernens (Landmann et al., 2015). Strategien sind hier als geplante Handlungen für das Lernen zu verstehen.

Es lassen sich anhand der verschiedenen Komponenten, die beim selbstregulierten Lernen wirksam werden drei Arten von Lernstrategien unterschieden: kognitive, metakognitive und ressourcenbezogene Strategien, wobei letztere auch motivational-volitionale Strategien umfassen. Selbstreguliertes Lernen unter Einbindung wirksamer Lernstrategien kann hocheffektiv für die Begabungs- und Leistungsentwicklung von Schülerinnen und Schülern sein insbesondere als Bestandteil eines potenzialorientierten und individualisierten Unterrichts. Vor allem leistungsstarke und potenziell besonders leistungsfähige Schülerinnen und Schüler profitieren von adaptiven Formaten des selbstregulierten Lernens mit Projektcharakter, bei denen eigenverantwortliche Entscheidungen gefragt und interessenorientierte Schwerpunktsetzungen realisierbar sind. Adaptive Strategien des selbstregulierten Lernens erweisen sich für potenziell leistungsstarke wie für minderleistende Schülerinnen und Schüler als wirksam, wobei der Strategieerwerb vor allem nach dem Scaffolding-Prinzip im Sinne der Zone der proximalen Entwicklung erfolgen sollte (Fischer, Fischer-Ontrup & Schuster, 2021).

Weiterführende Literatur:
 
Artelt, C., Demmrich, A. & Baumert, J. (2001). Selbstreguliertes Lernen. In Deutsches PISA-Konsortium (Hg.), PISA 2000, Basiskompetenzen von Schüler*innen im internationalen Vergleich (S. 281–298). Opladen: Leske und Budrich.

Fischer, C., Fischer-Ontrup, C. & Schuster, C. (2021). Lernstrategien in der Begabtenförderung. In V. Müller-Oppliger & G. Weigand (Hrsg.), Handbuch Begabung. Weinheim: Beltz.

Dent, A. L. & Koenka, A. C. (2016). The relation between self-regulated learning and academic achievement across childhood and adolescence. A meta-analysis. Educational Psychology Review, 28(3), 425–474. https://doi.org/10.1007/s10648-015-9320-8

Landmann, M., Perels, F., Otto, B., Schnick-Vollmer, K. & Schmitz, B. (2015). Selbstregulation und selbstreguliertes Lernen. In E. Wild & J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Springer-Lehrbuch, Band 50. (S. 45–65). Berlin/Heidelberg: Springer.Pintrich, P. R. (1999). The role of motivation in promoting and sustaining self-regulated learning. International Journal of Educational Research, 31(6), 459–470. https://doi.org/10.1016/S0883-0355(99)00015-4

Pintrich, P. R. (2000). The role of goal orientation in self-regulated learning. In M. Boekaerts, P. R. Pintrich & M. Zeidner (Hrsg.), Handbook of self-regulation (S. 451–502). St. Louis, MO: Academic Press. https://doi.org/10.1016/B978-012109890-2/50043-3

Zeidner, M. & Stoeger, H. (2019). Self-regulated learning (SRL). A guide for the perplexed. High Ability Studies, 27(1-2), 9–51. https://doi.org/10.1080/13598139.2019.1589369

Zimmerman, B. J. (2002). Becoming a self-regulated learner. An overview. Theory Into Practice, 41(2), 64–70. https://doi.org/10.1207/s15430421tip4102_2