Mentoring

Idealtypisch kann Mentoring als eine zeitlich relativ stabile dyadische Beziehung zwischen einem erfahrenen Mentor und seinem weniger erfahrenen Mentee bezeichnet werden, die durch gegenseitiges Vertrauen und Wohlwollen gekennzeichnet ist und die auf die Förderung der Entwicklung und das Vorankommen des Mentee abzielt (Ziegler, 2009).
Die Entwicklung kann sich dabei sowohl auf akademische oder karrierebezogene als auch auf psychosoziale Aspekte beziehen. Neben dem klassischen 1:1-Mentoring existieren verschiedene Formen des Gruppen-Mentorings, in denen ein oder mehrere Mentoren mit einem oder mehreren Mentees interagieren. In Abgrenzung zu anderen zeitlich begrenzten Formaten der professionellen Unterstützung wie z. B. Beratung oder Coaching beschreibt Mentoring einen auf eine längere Dauer angesetzten Prozess, der insbesondere auch den Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen Mentor und Mentee umfasst. Die Rollen von Mentoren überschneiden sich zum Teil mit denen von Beratern oder Coaches, indem Mentoren beispielsweise zu Reflexionsprozessen anregen und als Prozessbegleiter agieren, gehen jedoch gleichzeitig darüber hinaus. So fungieren Mentoren auch als Rollenmodelle, vermitteln förderliche Netzwerke und leisten emotionale Unterstützung.
Häufig als „Goldstandard der Pädagogik“ bezeichnet, wird Mentoring eine hohe Wirksamkeit zugesprochen, welche sich in systematischen Fallstudien zur Bedeutung von Mentoring bei der Entwicklung von Leistungsexzellenz auch zeigte. In Metaanalysen, bei denen die Ergebnisse einer Vielzahl an quantitativen Studien zu Mentoring mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Gruppen zusammenfassend analysiert wurden, zeigen sich im Schnitt allerdings nur niedrige bis mittlere Effekte von Mentoring. Gründe dafür könnten in der sehr breiten Definition von Mentoring und in der Heterogenität in der Gestaltung und Umsetzung von Mentoring-Formaten liegen. Neue Forschungsansätze fokussieren stärker auf eine ganzheitliche, systemische Betrachtung von Mentoring-Prozessen. Durch die Analyse verschiedener regulatorischer Prozesse und deren Interaktion können Mentoring-Erfolge besser erklärt und zielgerichtet Hinweise für die Gestaltung von Mentoring-Prozessen abgeleitet werden (für einen Überblick zur Forschungsliteratur siehe Stoeger, Balestrini & Ziegler, 2021; Ziegler, Gryc, Hopp & Stoeger, 2021).
Aus der Forschung lassen sich verschiedene Prinzipien ableiten, die bei der praktischen Ausgestaltung von Mentoring-Programmen befolgt werden sollten. So ist es beispielsweise bei der Konzeption und Initiierung von Mentoring-Programmen wichtig, auf eine gute Auswahl und eine geeignete Zusammenstellung der Mentoring-Paare zu achten. Mentorinnen und Mentoren sollten fundiert geschult werden und die Mentoring-Paare mindestens ein Jahr in einer geeigneten Lernumgebung in regelmäßigem Austausch stehen. Erfolgsrelevante Elemente im Mentoring-Prozess selbst sind eine umfassende Diagnostik, geeignete Zielformulierungen, gemeinsame Reflexionen und die Beachtung lernpsychologischer Aspekte.
Weiterführende Literatur:
Stoeger, H., Balestrini, D. P. & Ziegler, A. (2021). Key issues in professionalizing mentoring practices. Annals of the New York Academy of Sciences1483(1), 5–18. https://doi.org/10.1111/nyas.14537

Ziegler, A. (2009). Mentoring: Konzeptuelle Grundlagen und Wirksamkeitsanalyse. In H. Stöger, A. Ziegler & D. Schimke (Hrsg.), Mentoring: Theoretische Hintergründe, empirische Befunde und praktische Anwendungen (S. 7–29). Lengerich: Pabst Science Publishers.

Ziegler, A., Gryc, K. L., Hopp, M. D. S. & Stoeger, H. (2021). Spaces of possibilities: A theoretical analysis of mentoring from a regulatory perspective. Annals of the New York Academy of Sciences1483(1), 174–198. https://doi.org/10.1111/nyas.14419