Inklusive Begabungs- und Begabtenförderung (IBBF)

Inklusive Begabungs- und Begabtenförderung (IBBF) wird unterschieden von separativen oder integrativen Formen und bezeichnet vom Prinzip her ein gemeinsames Lernen aller Kinder und Jugendlichen unter Berücksichtigung ihrer Diversität und Lern- und Leistungsheterogenität.

Dabei wird auf eine vorgängige Einteilung in spezifische Kategorien, wie etwa hochbegabt, durchschnittlich oder besonders förderbedürftig, verzichtet. Grundlage ist die pädagogische Orientierung an der Person des einzelnen Kindes und Jugendlichen. Um deren Potenziale, Interessen und Leistungsstärken bestmöglich zu erkennen und zu fördern (diagnosebasierte Förderung), sind inhaltlich und strukturell differenzierte sowie diagnosebasierte und förderorientierte Lehr-Lernsettings in jedem Unterricht und in allen Schulen (auch unter Einbezug des lokalen, regionalen oder digitalen Umfelds) erforderlich.

Im Unterschied zur IBBF werden unter separierter Begabtenförderung Parallelstrukturen zum Regelunterricht verstanden, wie etwa eigene Klassen und Schulen für kognitiv besonders begabte Schülerinnen und Schüler und solche mit getesteter Hochbegabung. Dabei geht es um getrenntes Lernen im Rahmen einer äußeren oder auch schulinternen Differenzierung in (vermeintlich) homogenen Gruppen (»ability grouping«) entweder in eigenen Schulen oder Klassen. Aus soziologischer Sicht wird insbesondere die soziale Ungleichheit bei der Zusammensetzung separierter (Hoch-)Begabteneinrichtungen kritisiert.

Als integrativ wird die Eingliederung von hochbegabt getesteten oder besonders begabten Kindern und Jugendlichen in den Regelunterricht bezeichnet. Beide Ansätze, Separation wie Integration, gehen mit einer vorgängigen Kategorisierung und Gruppierung von Schülerinnen und Schülern nach bestimmten Merkmalen, in diesem Fall Hochbegabung oder besondere Begabung, einher.

Vielfach existieren auch Mischformen zwischen separierten und integrativen Formen der Begabungs- und Begabtenförderung in Schulen. Separierte Hochbegabtenklassen können den Charakter von Modell- oder Laborklassen haben, sofern in ihnen unter gewissen Sonderbedingungen (z. B. kleinere Klassengröße, zusätzliches Stundendeputat) spezifische Unterrichts-, Beratungs- und Begleitungsformen mit dem Ziel der Übertragung auf alle Klassen erprobt werden.

Weiterführende Literatur:

Kaiser, M., Seitz, S. (2020). Zur Entwicklung leistungsfördernder Schulkulturen. In: C. Fischer et al.(Hrsg.): Begabungsförderung. Leistungsentwicklung. Bildungsgerechtigkeit. Für alle! Beiträge aus der Begabungsforschung (S. 207-222). Münster: Waxmann.

Weigand, G.¸ Kaiser, M. (2021): Separativ oder integrativ? Inklusive Begabungs- und Begabtenförderung. In: V. Müller-Oppliger, G. Weigand (Hrsg.): Handbuch Begabung (S. 290-301). Weinheim/Basel: Beltz.

Weigand, G. (2014). Begabung und Person. In: G. Weigand, A. Hackl, V. Müller-Oppliger & G. Schmid (Hrsg.): Personorientierte Begabungsförderung. Eine Einführung in Theorie und Praxis (S. 26-36). Weinheim: Beltz.