Diversitäts- und differenzsensibles Lernen
Diversitäts- und Differenzsensibilität umfasst die besondere Berücksichtigung von individuellen Besonderheiten und Unterschieden im Sinne eines wertschätzenden Umgangs mit der Vielfalt der Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die Begabungs- und Leistungsförderung.
Um diversitäts- und differenzsensibles Lernen im schulischen Kontext zu realisieren, gelten offene Unterrichtsformen mit individualisiertem, kooperativem, selbstgesteuertem und binnendifferenziertem Lernen als Bezugspunkt zeitgemäßer Didaktik. Dabei handelt es sich um Arbeitsformen, die auch im Rahmen begabungs- und leistungsförderlichen Unterrichts zentral sind, wobei insbesondere der Projektunterricht besonders häufig praktiziert wird, zumal er weiterreichende Perspektiven zum selbsttätigen, entdeckenden und partizipativen Lernen bietet (Budde, 2018). Insgesamt sollte diversitäts- und differenzsensibles Lernen den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, an für sie interessanten und relevanten Gegenständen in ihrem individuellen Tempo und Fähigkeitsniveau im Sinne der Zone der nächsten Entwicklung mit unterschiedlichen methodischen und materialspezifischen Zugängen zu lernen.
Im Sinne einer inklusiven Begabungsförderung sollten potenzialorientierte Strukturen zum einen den speziellen Lernbedürfnissen von Schülerinnen und Schülern mit (unter-)durchschnittlichen Leistungspotenzialen zugutekommen. Zum anderen müssen im Rahmen einer potenzialorientierten Förderung auch hohe Leistungspotenziale von Schülerinnen und Schülern aus bildungsbenachteiligten Lagen (sog. begabte Minoritäten) oder mit Benachteiligungen (sog. Twice Exceptionals) Berücksichtigung finden. Denn nicht immer gelingt es potenziell (besonders) leistungsfähigen Schülerinnen und Schüler ihr (hohes) individuelles Fähigkeitspotenzial in entsprechende Schulleistungen umzusetzen, so dass hier von Underachievement gesprochen wird. Häufig liegen Motivations- und Selbststeuerungsschwierigkeiten, Teilleistungsschwierigkeiten wie Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten oder sonstige physische, psychische oder emotionale Hindernisse bei der Entwicklung vor. Auch sozial benachteiligte Lagen bzw. ein bildungsferner Familienhintergrund stellen Barrieren für die Begabungsentfaltung dar.
Weiterführende Literatur:
Budde, J. (2018). Heterogenität in Schule und Unterricht | bpb. Bundeszentrale für politische Bildung. Zugriff am 03.12.2020. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/266110/heterogenitaet-in-schule-und-unterricht
Österreichisches Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung. (2017). Wege in der Begabungsförderung. Eine Methodensammlung für die Praxis (2. überarbeitete und ergänzte Auflage). Zugriff am 01.12.2020. Verfügbar unter: https://www.oezbf.at/wp-content/uploads/2017/03/Methodenskript_Neuauflage_WEB.pdf
Pfahl, L. & Seitz, S. (2014). Inklusive Schulentwicklung als Impuls für die Begabungsförderung. In A. Hackl, C. Imhof, O. Steenbuck & G. Weigand (Hrsg.), Begabung und Traditionen (KARG Hefte – Beiträge zur Begabtenförderung und Begabungsforschung, Bd. 6, S. 46–57). Frankfurt am Main.
Reis, S. M., Baum, S. M. & Burke, E. (2014). An Operational Definition of Twice-Exceptional Learners. Gifted Child Quarterly, 58(3), 217–230. https://doi.org/10.1177/0016986214534976
Stamm, M. (2014). Minoritäten als Begabungsreserven. In M. Stamm (Hrsg.), Handbuch Talententwicklung. Theorien, Methoden und Praxis in Psychologie und Pädagogik (S. 375–384). Bern: Huber.